Der Handelspakt umfasst die Neuregelung von insgesamt fünf bestehenden bilateralen Verträgen, die in den kommenden Jahren ausgelaufen wären. Dazu gehört der grenzüberschreitende Verkehr in der Luft sowie auf der Schiene und Straße, ebenso wie der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Regelungen die Integration der Schweiz in das EU-Stromnetz und den erleichterten Zugang zur Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit.
Ein zentrales Element des Abkommens ist außerdem die Streitbeilegung. Die Schweiz erklärte sich bereit, relevante EU-Gesetzgebung zu übernehmen und bei Konflikten ein Schiedsgericht zu konsultieren, das den Europäischen Gerichtshof einbeziehen kann. Außerdem hat sich die Schweiz eine Schutzklausel gesichert, um wirtschaftliche oder soziale Probleme im Zusammenhang mit der Einwanderung zu lösen. Gleichzeitig behält sich die EU das Recht vor, Maßnahmen zu ergreifen, sollten die Schweizer Regelungen ihre Interessen verletzen. Beim Thema Migration hat die Schweiz eine sogenannte Schutzklausel erreicht: Sollte sie durch die im EU‑Binnenmarkt vorgesehene Personenfreizügigkeit schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Probleme befürchten, kann sie diese einschränken. Stimmt die EU-Seite dem nicht zu, entscheidet das Schiedsgericht.
Das Abkommen ermöglicht der Schweiz auch die erneute Teilnahme an EU‑Programmen für Forschung und Bildung. Dies könnte insbesondere für die Förderung schwacher Regionen und grüner Technologien von Bedeutung sein. Klare Regelungen zu staatlichen Beihilfen sind ebenfalls Teil des Abkommens. Ein weiterer Aspekt des Abkommens betrifft finanzielle Verpflichtungen. Ab 2030 wird die Schweiz jährlich 350 Mio. Schweizer Franken zum Erhalt des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der EU zahlen. Diese Zahlung ist erstmals rechtlich bindend festgeschrieben.
Die jetzt abgeschlossenen Verhandlungen waren im März 2024 aufgenommen worden, nachdem die Schweiz im Mai 2021 den Abschluss eines vorher vereinbarten umfassenden bilateralen Rahmenabkommens abgebrochen hatte. Zum neuen Handelspaket wird jetzt der Ratifizierungsprozess in der EU und in der Schweiz eingeleitet. Auf EU-Seite wird die Europäische Kommission (KOM) dem Rat die Vorschläge zur Unterzeichnung vorlegen. Sobald der Rat die Unterzeichnung des Abkommens und Protokolle genehmigt hat, kann die KOM sie im Namen der Union unterzeichnen. Der Rat kann dann das Europäische Parlament um seine Zustimmung ersuchen. In der Schweiz befürchten Kritiker, dass das Abkommen die Marktliberalität und das Lohnniveau beeinträchtigen, was bei der Ratifizierung eine zentrale Rolle spielen könnte. Einige Schweizer Gesetzgeber streben an, ein Referendum nicht vor 2028, also nach den dortigen Parlamentswahlen 2027, abzuhalten, sodass der Vertrag möglicherweise erst 2030 in Kraft tritt. (UV)