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Tagung des Europäischen Rates am 23. März 2023 in Brüssel

Der Europäische Rat (ER) kam am 23. März 2023 zu einem regulären Gipfeltreffen in Brüssel zusammen. Zu Sitzungsbeginn tauschten sich die Staats- und Regierungschefs mit António Guterres, dem Generalssekretär der Vereinten Nationen (UN), aus. Der UN-Chef warnte unter Verweis auf den am 20. März 2023 veröffentlichten Synthesebericht des Weltklimarates (IPCC) davor, dass das Erreichen des Ziels, die Erderwärmung auf 1,5°C zu beschränken, unter den aktuellen Umständen beinahe unmöglich geworden sei. Er forderte die Mitgliedstaaten zu einem engagierten Handeln gegen den Klimawandel auf.

Anschließend sprachen die Mitglieder des Europäischen Rates über die Lage in der Ukraine, die Wettbewerbsfähigkeit der EU, die Energiepolitik, die aktuelle Situation im Bereich der Migration sowie der Außenbeziehungen der EU.

Ukraine

Zu Beginn der Aussprache über die Ukraine war Präsident Wolodymyr Selenskyj per Video zugeschaltet. Der ER verurteilte erneut den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und ruft Russland dazu auf, alle seine militärischen Kräfte vom gesamten ukrainischen Gebiet zurückzuziehen. Die EU begrüßt und unterstützt die aktuellen Entwicklungen zur Strafverfolgung der russischen Kriegsverbrechen. Der Druck auf Russland wird durch weitere Maßnahmen, unter anderem durch die geplante Ölpreisobergrenze, erhöht. Weiter bekräftigte der ER seine politische, militärische, wirtschaftliche, humanitäre und finanzielle Unterstützung für die Ukraine. Diesbezüglich weist der ER auf die Ratseinigung zur Lieferung von Boden-Boden-Munition und Artilleriemunition an die Ukraine hin. Mit Blick in die Zukunft wird die EU die Ukraine bei Instandsetzung, Erholung und Wiederaufbau unterstützen. Zur Stabilisierung der weltweiten Ernährungssicherheit, die durch die russische Invasion gefährdet wurde, begrüßt der ER die Initiativen der UN, der Ukraine und die EU-Solidaritätskorridore.

Anlässlich des EU-Beitrittsprozesses der Ukraine und der Republik Moldau bitten die Staats- und Regierungschefs die Europäische Kommission (KOM) um einen Vorschlag für ein Unterstützungspaket zugunsten Moldaus. Die Staats- und Regierungschefs sichern Moldau zugleich die Unterstützung zur Stärkung der Resilienz, der Sicherheit, der Stabilität, der Wirtschaft und der Energieversorgung zu.

Wettbewerbsfähigkeit der EU, Binnenmarkt und Wirtschaft

Anschließend widmeten sich die Mitglieder des ER wirtschaftspolitischen Themen. Anlass hierfür war einerseits das US-amerikanische Inflationsbekämpfungsgesetz (Inflation Reduction Act, IRA) und andererseits die europäische Wettbewerbsfähigkeit im Rahmen des Green Deals, die es, auch angesichts der aktuellen politischen und ökonomischen Herausforderungen, zu bewahren gilt.

Der ER bekräftigte, dass ein gut funktionierender Binnenmarkt von grundlegender Bedeutung für den grünen und digitalen Wandel, für künftiges Wachstum sowie für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt ist. Im Anschluss an die Mitteilung „Langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU: Blick über 2030 hinaus“ fordert der ER, die Arbeiten in verschiedenen Bereichen voranzubringen.

Hierzu soll das allgemeine Regelungsumfeld des Binnenmarktes vereinfacht, der Verwaltungsaufwand verringert und die Binnenmarktvorschriften wirksam durchgesetzt werden. Zudem bedarf es verstärkter Bemühungen auf nationaler und EU-Ebene, um Hindernisse für grenzüberschreitende Geschäfte abzubauen.

Im Bereich der Investitionen fordert der ER eine Vertiefung der Kapitalmarktunion, die Beseitigung der verbleibenden Hindernisse für grenzüberschreitende Finanzierungen sowie die Erleichterung des Zugangs zu und der Mobilisierung von Privatkapital für Investitionen. Das Europäische Parlament (EP) und der Rat der EU werden dazu angehalten, die Arbeit an den Gesetzesvorschlägen in diesem Bereich vor Ende der aktuellen Legislaturperiode abzuschließen.

Außerdem sollen Anreize für Innovationen, insbesondere solche in Bereichen mit einem hohen Wachstumspotenzial, geschaffen werden. Die Einführung digitaler Instrumente in der gesamten Wirtschaft sowie die Entwicklung von Kompetenzen müssen gefördert werden, um die Herausforderungen des Arbeitskräftemangels und des Wandels der Wirtschafts- und Arbeitswelt zu bewältigen.

Betont wurde ebenfalls die Notwendigkeit der Förderung des Übergangs zu einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft, um die Nachhaltigkeit zu verbessern, Betriebsmittelkosten zu senken und die Abhängigkeit in Bezug auf Grundstoffe zu verringern.

Die Staats- und Regierungschefs fordern zudem, dass die Arbeiten an den Vorschlägen für einen Rechtsakt über klimaneutrale Wirtschaft und einen europäischen Rechtsakt zu kritischen Rohstoffen vorangebracht werden.

Energie

Nach Auswertung der Maßnahmen zur Vermeidung der hohen Energiepreise stellt der ER eine verbesserte Energieversorgungssituation in der EU fest. Nichtsdestotrotz appelliert er an die KOM und die Mitgliedstaaten, die Energieversorgung zu erschwinglichen Preisen für die nächste Heizperiode sicherzustellen. Dafür sind alle Beteiligten dazu aufgerufen, über den AggregateEU-Mechanismus zur gemeinsamen Gasbeschaffung beizutragen. Der ER ersucht die KOM, die Bewertung der Notfallmaßnahmen aus dem Jahr 2022 alsbald abzuschließen und, falls notwendig, eine Verlängerung ihrer Anwendung vorzuschlagen. Die gesetzgebenden Organe werden dazu aufgerufen, eine schnelle Einigung über alle entsprechenden Vorschläge zur Beschleunigung des grünen Wandels zu erzielen und Fortschritte für die vorgeschlagene Überarbeitung der Gestaltung des Strombinnenmarkts der EU zu erzielen, um diese vor Ende 2023 anzunehmen.

Auch wenn es nicht auf der offiziellen Tagesordnung stand, wurde auch am Rande über den Streit um das Verbrenner-Aus gesprochen. Am 25. März 2023 einigten sich die Bundesregierung und die KOM jedenfalls darauf, dass auch PKW mit Verbrennungsmotor nach 2035 neu zugelassen werden dürfen, wenn diese ausschließlich CO2-neutrale Kraftstoffe tanken.

Migration

Zum Themenbereich Migration berichteten Schweden (aktueller Ratsvorsitz) und die KOM beim letztmaligen Treffen des ER am 9. Februar 2023 über die Fortschritte bei der Verabschiedung der Legislativvorschläge zum Migrations- und Asylpaktes. Der ER fordert auf dem aktuellen Treffen eine rasche Umsetzung aller vereinbarten Aspekte ein.

Ohne weitere Ausführungen in den Schlussfolgerungen ist jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Staats- und Regierungschefs auf den zwischen EP und Rat der EU am 7. September 2022 vereinbarten Fahrplan beziehen, der das weitere Vorgehen bei der Verabschiedung der aktuelle Legislativvorschläge in diesem Bereich festlegt.

Außenbeziehungen

Der letzte Punkt auf der Tagesordnung betraf die Außenbeziehungen der EU. Die Staats- und Regierungschefs begrüßten die Ergebnisse der Geberkonferenz zur Unterstützung der vom Erdbeben am 6. Februar 2023 betroffenen Menschen in der Türkei und Syrien. Eine rasche und wirksame Auszahlung der zugesagten Hilfen sei nun wichtig.

Anschließend befürwortet der ER das Abkommen über den Weg zur Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Kosovo und Serbien und fordert beide Parteien dazu auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen.

Weiter missbilligten die Staats- und Regierungschefs die langen und ungerechtfertigt verhängten Haftstrafen gegen prominente belarussische Persönlichkeiten der demokratischen Opposition und rufen die belarussische Regierung zur Einhaltung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie zur Beendigung der Unterdrückung und Freilassung der politischen Gefangenen auf.

Die Schlussfolgerungen des ER können Sie unter folgendem Link finden. (AR/JH)

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