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The blame game – Wer bekommt den Schwarzen Peter?

Der Streit um die Schuldfrage scheint begonnen zu haben. Nach einem Telefonat des britischen Premierministers Boris Johnson mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am
8. Oktober 2019, das anscheinend ohne Mehrwert blieb, zitierten britische Medien ein internes Dokument aus 10 Downing Street, wonach Merkels Haltung eine Einigung „offenbar unmöglich“ mache. Vermuten kann man mittlerweile aber auch, dass London die Hoffnung auf einen Brexit-Deal nun endgültig aufgegeben hat.

Laut eines Dokuments, welches dem britischen Sender Sky News vorliegt und dessen Echtheit die Regierung bestätigte, habe Merkel in besagtem Telefonat ein Entgegenkommen Johnsons in der Frage der Grenze zwischen Irland und Nordirland gefordert, andernfalls sei ein Brexit-Abkommen „extrem unwahrscheinlich“. Als Reaktion darauf bewertete die britische Regierung gemäß diesem Schriftstück ein Abkommen als „prinzipiell unmöglich“.

Die beginnenden Schuldzuweisungen verärgerten EU-Ratspräsident Donald Tusk. Auf Twitter äußerte er seinen Unmut: „Es geht um die Zukunft Europas und Großbritanniens sowie um die Sicherheit und die Interessen unserer Bürger. Es geht nicht darum, ein dummes Schwarzer-Peter-Spiel zu gewinnen.“

Ein Treffen des neuen EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli mit Premier Boris Johnson am Dienstag, den 8. Oktober 2019 verlief ergebnislos. Jean-Claude Juncker sprach am Mittwoch, den 9. Oktober 2019 im EU-Parlament zum Brexit und kritisierte ebenfalls die Schuldzuweisungen von Seiten der britischen Regierung.

Für Boris Johnson scheint nun ein Abkommen immer unwahrscheinlicher. Allerdings benötigt er dieses, um nicht am 19. Oktober 2019 – gemäß den Bestimmungen des No-No-Deal-Gesetzes – bei der EU um eine Fristverlängerung bitten zu müssen.

Es ist denkbar, dass seine Taktik nun ist, die EU dazu zu bringen, einen No-Deal-Brexit auszulösen. Die Mitgliedsstaaten müssten einstimmig für eine Verlängerung der Frist stimmen. Hier könnte Boris Johnson versuchen, zu sabotieren und eine Verlängerung zu verhindern.

Anfang der Woche, am 6. und 7. Oktober 2019, berichteten der britische Telegraph und der Spectator aus internen Quellen, dass Johnson planen könnte, einen Brexit-Hardliner als EU-Kommissar zu bestimmen oder die bereits laufenden Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen zu sabotieren.

Auch wird von der Möglichkeit gesprochen, dass nach einem eventuellen Brexit Mitgliedstaaten bei Verhandlungen zur künftigen Zusammenarbeit bevor- oder benachteiligt werden, je nachdem, ob sie bei der Abstimmung zur Fristverlängerung Johnsons Wünschen entsprochen haben. (KL)

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