Themen der Eurogruppe waren am 16. Juni 2022 unter anderem die Empfehlung zum Eurogruppen-Beitritt Kroatiens, die verstärkte Überwachung Griechenlands, das Arbeitsprogramm der Euro-Gruppe für das zweite Halbjahr 2022, die politischen Prioritäten der neuen slowenischen Regierung, die seit dem 1. Juni 2022 im Amt ist, die aktuellen geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 2. Juni 2022, die Bankenunion sowie die Vorbereitung des Euro-Gipfels am 24. Juni 2022.
Die Empfehlung zur Aufnahme Kroatiens in den Euroraum geht auf einen langen Reformprozess zurück, an dessen Ende die Erfüllung aller vier Konvergenzkriterien steht. Die zukünftigen Beitrittskandidaten (nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet den Euro langfristig einzuführen) müssen nachweisen, dass sie in der Lage sind, ökonomisch mit den Eurostaaten auf Augenhöhe zu agieren. Nach diesen Kriterien ist ein Beitritt möglich, wenn Preisstabilität (Inflationsentwicklung; Preisstabilität ist erfüllt, wenn die durchschnittliche Inflationsrate über einen Beobachtungszeitraum von einem Jahr nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über der Inflationsrate der drei Mitgliedstaaten mit den niedrigsten Raten liegt) und solide öffentliche Finanzen mit Blick auf die Finanzierungssalden und die Staatsverschuldung (Anwendung der Maastricht-Kriterien) gewährleistet wird. Weitere Kriterien sind die Stabilität der Wechselkurse der Landeswährung sowie der langfristigen Zinssätze. Die Erfüllung dieser vier Kriterien durch Kroatien wurde im Konvergenzbericht der EZB und der Europäischen Kommission (KOM) vom 1. Juni 2022 bestätigt und ein Beitritt Kroatiens zum Euroraum durch die KOM befürwortet. Nach der förmlichen Empfehlung des ECOFIN wird nunmehr der Europäische Rat am 23. und 24. Juni 2022 über dieses Thema beraten und der Rat der EU im Anschluss drei Rechtsakte erlassen, die einen Eurobeitritt für den 1. Januar 2023 ermöglichen werden. Kroatien wäre dann der 20 Mitgliedstaat, der den Euro als Zahlungsmittel einführt.
Die Euro-Gruppe erörterte den vierzehnten Bericht zur verstärkten Überwachung Griechenlands mit Blick auf eine Fortführung von Reformprozessen nach erfolgreicher Beendigung des ESM-Programms im Jahr 2018 und begrüßte auch die Freigabe der siebten Tranche an Finanzhilfen in Höhe von 748 Millionen Euro. Die Finanzministerinnen und -minister verständigten sich ebenfalls darauf, die verstärkte Überwachung mit dessen Auslaufen am 20. August 2022 nicht zu verlängern. Die Eurogruppe sieht deutliche Fortschritte bei der die Erreichung von Zielen in verschiedenen Bereichen der Organisation staatlicher Strukturen, wie beispielsweise im Justizwesen, in der öffentlichen Finanzverwaltung oder der Vermögensbesteuerung.
Ausweislich des Arbeitsprogramms der Euro-Gruppe für das zweite Halbjahr 2022 wird sich die Euro-Gruppe auf verschiedene Aspekte der wirtschaftlichen Erholung, der Stärkung der Rolle des Euros innerhalb der Weltwirtschaft, seine Position als Digitale Währung und die damit zusammenhängenden Auswirkungen auf den Datenschutz und die Privatwirtschaft konzentrieren.
Beim Thema Bankenunion konnte keine Einigung auf ein gemeinsames Arbeitsprogramm erreicht werden, da einige Mitgliedstaaten bei bestimmten Themen wie beispielsweise einer gemeinsamen Europäischen Einlagensicherung oder der Frage nach der Risikogewichtung von Staatsanleihen in Bankbilanzen verschiedene Ansichten vertreten. Inwieweit sich nun aus dieser Situation heraus andere Reformen bzw. weitere Anstöße ergeben können, bleibt abzuwarten. Die Fachministerinnen und -minister einigten sich jedenfalls darauf, den Aspekt des Krisenmanagements voranzubringen sowie die nationalen Einlagensicherungssysteme zu stärken. Die Kommission ist aufgefordert Vorschläge für einen reformierten „crisis management and deposit insurance“-Rahmen zu erarbeiten.
Die EZB stellte in der Euro-Gruppe ihre geldpolitischen Entscheidungen vom 9. Juni 2022 vor, die einen Anstieg der Leitzinsen um 25 Basispunkte für den 21. Juli 2022 und weitere Zinsschritte für September 2022 vorsehen. Die wirtschaftlichen Daten in der Eurozone weisen derzeit eine jährliche Inflationsrate in der Eurozone von 8,1 Prozent im Mai 2002 gegenüber 7,4 Prozent im April 2022 aus. In der EU lag die Inflation im Mai 2022 bei 8,8 Prozent gegenüber 8,1 Prozent im Vormonat.
Im ECOFIN-Rat am 17. Juni 2022 berieten sich die Teilnehmenden zur wirtschaftliche Lage, insbesondere die steigende Inflation und die Reaktionen darauf, zu den Eigenmitteln der EU, zum polnischen Aufbau- und Resilienzplan, dem Europäische Semester, der Euro-Erweiterung, der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug sowie zum internationalen Beschaffungswesen.
Die Ministerinnen und Minister erörterten im informellen Rahmen die wirtschaftliche Lage und die Situation um die ansteigende Inflation. Dabei verständigten sich die Mitglieder des ECOFIN auf ein gemeinsames Vorgehen, um angemessen reagieren zu können.
Die Ratsmitglieder tauschten sich auch über die Einführung von Eigenmitteln für die EU in Form des CO2-Grenzausgleichsmechanismus sowie des EU-Emissionshandels aus. Dabei sehen die Ministerinnen und Minister die Notwendigkeit der Nutzung dieser Instrumente zur Rückzahlung der im Rahmen des NextGenerationEU-Programms aufgenommenen Finanzmittel.
Der ECOFIN-Rat nahm allgemeine Ausrichtungen zur Solvabilität II-Richtlinie sowie zur Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds an. Hierbei handelt es sich einerseits um einen wichtigen Rechtsakt der EU im Versicherungssektor sowie andererseits um einen Rechtsakt zur Verbesserung des europäischen Kapitalmarktes und zur Stärkung des Anlegerschutzes.
Auch billigten die Finanzministerinnen und -minister die Empfehlungen zu den nationalen Reformprogrammen 2022 und gaben eine Stellungnahme zu den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen ab. Das Europäische Semester soll dabei sicherstellen, dass die Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten in einem kohärenten Rahmen abläuft und das auch diverse Reformvorhaben umgesetzt werden. Mit Blick auf die Corona-Pandemie und das im Zuge dieser Pandemie erlassene NextGenerationEU-Programm war der Semesterprozess in den letzten beiden Jahren durch die Implementierung und Bewertung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne geprägt.
Der polnische Aufbau- und Resilienzplan wurde nun förmlich vom Rat angenommen. Nach positiver Bewertung dieses Plans durch die Europäische Kommission war dieser Schritt noch erforderlich, um den 35,4 Milliarden Euro (23,9 Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und 11,5 Milliarden Euro in Form von Darlehen) umfassenden Plan formell zu verabschieden. Die Auszahlung der jeweiligen Tranchen ist weiterhin an die Durchführung diverser Reformen im Justizbereich geknüpft.
Ebenfalls ermächtigten die Finanzministerinnen und -minister die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen mit Norwegen, um das Kooperationsabkommen über die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Mehrwertsteuerforderungen zu erweitern.
Mit den Schlussfolgerungen zur Arbeit der Gruppe „Verhaltenskodex“ im Steuerangelegenheiten nahm der ECOFIN-Rat den halbjährlichen Bericht dieser Arbeitsgruppe an und begrüßte die Arbeit im Bereich der Bekämpfung von schädlichen Steuerpraktiken. Darüber hinaus nahm der Rat eine Verordnung über die Förderung der Gegenseitigkeit beim Zugang zu internationalen Märkten für öffentliche Aufträge an, wodurch der Zugang und die Absatzmöglichkeiten in Drittmärkten verbessert werden soll. Das Parlament hatte bereits seine Zustimmung erteilt.
Die Pressemitteilung zur Eurogruppe finden Sie hier. Die Pressemitteilung zum ECOFIN finden Sie dort. (AR)