Themen waren u.a. die transatlantische Wirtschaftspolitik, die Zukunft der europäischen Finanz- und Kapitalmärkte, der digitale Euro, der aktuelle Stand zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Klimafinanzierung im Rahmen von COP 28 sowie der Datenaustausch im Besteuerungsverfahren.
Auf der Tagung der Eurogruppe am 16. Oktober 2023 kamen die Ministerinnen und Minister der Euroländer mit der US-amerikanischen Finanzministerin Janet Yellen zu einem Gedankenaustausch zusammen. Bei diesem Treffen ging es u.a. darum, ein gemeinsames Verständnis für die verschiedenen Herausforderungen zu erarbeiten. Ebenfalls wurde ein Blick auf die weltwirtschaftlichen Aussichten und Risiken geworfen. Die wirtschaftliche Lage in der Eurozone und der EU ist nach wie vor durch eine hohe Inflation geprägt. So lag die Inflationsrate im September 2023 in der Eurozone bei 4,3 Prozent (August 2023 bei 5,2 Prozent) und in der gesamten EU bei 4,9 Prozent (August 2023 5,9 Prozent).
Um die europäischen Finanz- und Kapitalmärkte auch für zukünftige Herausforderungen zu wappnen, haben sich die Eurogruppen-Mitglieder mit Finanzmarktakteuren getroffen, die von ihren Erfahrungen über den Zugang zu Finanzmitteln und Investitionen berichteten. Hintergrund bildet der Umstand, dass sich die Eurogruppe im Mai 2023 darauf verständigt hat, bis März 2024 die Maßnahmen und Herausforderungen zu definieren, die für die Vertiefung der Kapitalmarktunion unerlässlich sind. Unternehmen sind auf einen schnellen und effizienten Kapitalfluss angewiesen, um zu wachsen. Ziel ist es aus Sicht der Eurogruppe daher, einen voll entwickelten und integrierten Kapitalmarkt zu schaffen, der für Investoren und Unternehmen gleichermaßen attraktiv ist. Dabei spielt auch die grüne Transformation eine gewichtige Rolle, die erhebliches privates Kapital erfordert.
Ebenso Thema war der weitere Fortschritt auf dem Weg hin zu einem digitalen Euro. Zu Gast war die EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die über den aktuellen Stand des Projektes informierte. Ungeachtet der am 28. Juni 2023 durch die Europäische Kommission veröffentlichten Legislativvorschläge zur Einführung eines digitalen Euros, muss die EZB für sich die technische Realisierung dieses Projektes prüfen. So hat die EZB am 18. Oktober 2023 verkündet, dass sie in die nächste Realisierungsphase, die sog. Vorbereitungsphase, eintreten wird. Diese schließt sich insoweit an die seit zwei Jahren laufende Untersuchungsphase an. In dieser neuen Phase werden die Grundlagen für einen potenziellen digitalen Euro geschaffen. Diese Phase soll die Arbeiten an der Fertigstellung des Regelwerks und die Auswahl von Anbietern für die Entwicklung der Plattform und der Infrastruktur umfassen und so den Weg für eine mögliche künftige Entscheidung über die Ausgabe eines digitalen Euro ebnen.
Die Pressemitteilung zur Eurogruppe finden Sie hier.
Beim Treffen der europäischen Finanzministerinnen und -minister im Format des ECOFIN war ein wichtiges Thema die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Hierzu hatte die Europäische Kommission am 26. April 2023 die entsprechenden Legislativvorschläge veröffentlicht, die als Grundlage für die aktuellen Beratungen dienen. Die Reformen sind nötig, da aufgrund der Corona-Krise und der erheblichen wirtschaftlichen Anstrengungen der Mitgliedstaaten die Fiskalpolitik dieser Staaten vor großen Herausforderungen steht. Bundesfinanzminister Lindner erklärte im Anschluss an das Treffen, dass eine Einigung zur Reform noch in diesem Jahr möglich ist und Deutschland einen konstruktiven Beitrag zur einer Lösung leisten will. Man sei sich zudem darüber einig, dass die Schuldenstände in den Mitgliedstaaten zu hoch seien. Unterschiedlich würde man allerdings den Umstand bewerten, wie mit den jährlichen Defiziten umzugehen sei. Aus deutscher Sicht müssten die jährliche Defizite in den Blick genommen und abgebaut werden. Ein glaubwürdiger Abbau von Staatsschulden könne nur gelingen, wenn dies auch die jährliche Reduktion von Defiziten umfasse. Das 3 Prozent-Kriterium sei kein Zielwert, sondern bilde das obere Limit jährlicher Defizite. Ebenfalls bräuchte es einen Sicherheitsabstand zu diesem drei Prozent-Kriterium, um zu einem nachhaltigen und glaubwürdigen Abbau von Schulden zukommen. Am 9. November 2023 wolle man mit den Beratungen zu diesem Thema fortfahren.
Mit Blick auf die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) im Rahmen des NextGenerationEU-Programms hat der ECOFIN die Durchführungsbeschlüsse zur Billigung der geänderten Aufbau- und Resilienzpläne Tschechiens, Spaniens, der Niederlande, Portugals und Sloweniens angenommen. Die EU erwartet, dass jeder der 27 Mitgliedstaaten im Laufe des Jahres 2023 mindestens einmal Änderungen seines nationalen Aufbau- und Resilienzplans vorlegen wird. Diese Änderungen sind notwendig, um Zugang zu den neuen REPowerEU-Finanzhilfen zu erhalten, verfügbare Darlehen zu beantragen oder die aktualisierte ARF-Mittelzuweisung zu berücksichtigen. Deutschland hatte am 15. September 2023 einen ersten Zahlungsantrag auf 3,97 Mrd. EUR gestellt, der aktuell von der Kommission bewertet wird. Bislang wurden der Bundesrepublik 2,25 Mrd. EUR aus der ARF ausgezahlt. Insgesamt soll Deutschland auf diesem Programm rund 30 Mrd. EUR in Form von Zuschüssen erhalten. Rückzahlbare Darlehen wird Deutschland nicht beantragen.
Ebenfalls tauschten sich die Mitglieder des ECOFIN zur Wirtschafts- und Haushaltslage der Ukraine aus. Die Europäische Kommission hatte im Juni 2023 vorgeschlagen, für die Zeit von 2024-2027 50 Mrd. EUR zur Unterstützung, Aufbau und Modernisierung der Ukraine bereitzustellen. Diese Ukraine-Fazilität wurde am 17. Oktober 2023 durch das Europäische Parlament bestätigt und die Auszahlung von Finanzmitteln mit Bedingungen versehen. Für eine Umsetzung dieser Unterstützungsleistungen ist allerdings die Zustimmung des Rates der EU noch notwendig.
Vor dem Hintergrund der am 30. November 2023 bis zum 12. Dezember 2023 stattfindenden COP 28-Klimakonferenz in Dubai hat der ECOFIN Schlussfolgerungen für eine Finanzierung der Klimapolitik gebilligt. Darin hebt der ECOFIN die Chancen hervor, die ehrgeizige Klimamaßnahmen für den Planeten, die Weltwirtschaft und die Menschen bergen, und betont, wie wichtig es ist, für einen gerechten Übergang zu nachhaltigen klimaresilienten und klimaneutralen Volkswirtschaften und Gesellschaften zu sorgen. Ebenso spricht er sich für ehrgeizigere Klimaschutzmaßnahmen aus, um das 1,5 Grad-Ziel noch einhalten zu können.
Zudem nahmen die Finanzministerinnen und -minister eine Aktualisierung der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke vor. So wurden Antigua und Barbuda, Belize und die Seychellen vom ECOFIN in die Liste aufgenommen und die Britischen Jungferninseln, Costa Rica und die Marshallinseln von der Liste gestrichen.
Ferner haben die Ministerinnen und Minister eine Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung angenommen (Directive Administrative Cooperation, DAC 8). Mit der Richtlinie wird der bestehende Rechtsrahmen in diesem Bereich gestärkt, indem der Anwendungsbereich der Registrierungs- und Meldepflichten und die allgemeine Zusammenarbeit der Steuerbehörden ausgeweitet werden. Die Änderungen betreffen in erster Linie die Meldung und den automatischen Austausch von Informationen über Einnahmen aus Geschäften mit Kryptowerten und Informationen über Vorbescheide für die wohlhabendsten Einzelpersonen. Der dezentrale Charakter von Kryptowerten hat es den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten bisher erschwert, die Einhaltung der Steuervorschriften sicherzustellen.
Die Pressemitteilung des ECOFIN finden Sie hier. (AR)