Am 15. Januar 2024 kam in der Eurogruppe zum einen die Artikel-IV-Mission des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Euro-Währungsgebiet zur Sprache. Der IWF prüft (nach Artikel IV) regelmäßig die wirtschaftlichen Entwicklungen in der Eurozone und berät die politischen Entscheidungsträger. Nun stellte der IWF die Ergebnisse seines Zwischenbesuchs und seine Einschätzung zu den ökonomischen Aussichten für den Euroraum vor. Nach den vielen Schocks der letzten Jahre erwarte die Euro-Gruppe eine gedämpfte Aktivität, was auch in den jüngsten Prognosen deutlich werde. Gleichzeitig betonten die Minister und Ministerinnen aber auch, dass es Lichtblicke gebe. Der Arbeitsmarkt bleibe stark, der Desinflationsprozess sei in vollem Gange und die wirtschaftliche Stimmung habe sich im letzten Monat insgesamt verbessert.
Die Eurogruppe besprach zum anderen den Entwurf ihrer jährlichen Empfehlung zur Wirtschaftspolitik der Eurozone für das Jahr 2024. Dieser wurde nach der Tagung zur Abstimmung in den ECOFIN-Rat gegeben und fordert eine umsichtige Finanzpolitik mit Investitionen für den digitalen und den Klimawandel. Die Grundlage hierfür stellte eine Empfehlung der Europäischen Kommission dar, die mit wenigen Änderungen in der Eurogruppe üblicherweise formal vom Rat angenommen und anschließend durch den Europäischen Rat bestätigt wird.
Bei Diskussionen über die Wettbewerbsfähigkeit des Euro-Währungsgebiets lag der Schwerpunkt vor allem auf den veränderten Energiepreisen und dem zukünftigen Umgang damit. Die Teilnehmenden gaben ihre Einschätzungen über die Auswirkungen der gestiegenen Preise auf die Wirtschaft des Euroraums ab. Wie Paschal Donhoe, Präsident der Eurogruppe, betonte, sei es Ziel der Mitgliedstaaten, Abhängigkeiten von globalen Preisschwankungen im Energiesektor zu verringern. Er wies auch auf die Wichtigkeit der Koordination der Politik in den Mitgliedstaaten hin und sieht Lösungsansätze etwa im Ausbau erneuerbarer Energien.
Zudem beriet die Eurogruppe über ihr Arbeitsprogramm für die erste Hälfte des Jahres 2024. Das Programm wurde nach Stellungnahmen von den teilnehmenden Ministerinnen und Ministern angenommen. Darin werden vier Prioritäten skizziert, die „4Cs“: Koordinierung („Coordination“), Kapitalmärkte („Capital Markets“), Wettbewerbsfähigkeit („Competitiveness“) sowie die gemeinsame Währung („Common Currency“). Außerdem soll auf dem Eurogipfel im Frühjahr eine Erklärung über die Zukunft der europäischen Kapital- und Finanzmärkte vorgelegt werden.
Unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ wurde der aktuelle Stand zur Ratifizierung des Vertrags zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) behandelt. Eurogruppenpräsident Paschal Donhoe kritisierte die ausgebliebene Einigung zur Ratifizierung des Vertrages. Man verfüge so über kein wirksames Instrument gegen die Auswirkungen von Bankenkrisen.
Die Pressemeldung zur Tagung der Eurogruppe finden Sie hier.
Beim ECOFIN-Treffen der europäischen Finanzministerinnen und -minister am 16. Januar 2024 stellte die belgische Ratspräsidentschaft ihr Arbeitsprogramm für den Wirtschafts- und Finanzbereich vor. Laut dem belgischen Minister für Finanzen, Vincent van Peteghem, sollen drei Prioritäten im Mittelpunkt stehen:
- Überprüfung der wirtschaftspolitischen Steuerung und die Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament (EP);
- Weiterarbeit an einer Europäischen Bankenunion und der Vertiefung der Kapitalmarktunion;
- weitere Unterstützung der Ukraine, so lange wie nötig.
Der Rat will sich weiterhin mit der Verringerung der Mehrwertsteuerlücke, den Finanzmitteln der EU und der Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) befassen. Auch die Überarbeitung der Steuervorschriften für grenzübergreifende Telearbeit und der Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit dem Zollkodex sind für das kommende Halbjahr anvisiert.
Des Weiteren leitete der ECOFIN-Rat den jährlichen Zyklus des Europäischen Semesters zur Überwachung der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Steuerpolitik der Mitgliedstaaten ein. Die Teilnehmenden billigten Schlussfolgerungen zum Warnmechanismus-Bericht 2024 und zum Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum 2024 sowie Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik der Eurozone 2024. Bei der kommenden Tagung des Europäischen Rats im März 2024 soll die Empfehlung bestätigt, danach offiziell vom ECOFIN-Rat auf seiner nächsten Tagung angenommen werden.
Weiteres Thema war Russlands Aggression gegen die Ukraine. Die Ministerinnen und Minister besprachen die finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges. Hierbei ging es vor allem um die finanzielle Unterstützung der Ukraine und um die laufenden Arbeiten an der Verwendung eingefrorener und stillgelegter Vermögenswerte. Eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten hat sich dabei, wie Deutschland, für eine schnelle Verabschiedung der neuen Ukraine-Fazilität und eine anhaltende Unterstützung – im besten Fall durch alle Mitgliedstaaten - ausgesprochen. Ungarn hat bei der Diskussion seinen Wunsch ausgedrückt, eine Lösung zu finden, die für alle tragbar sei. Es werde gemeinsam mit der belgischen Präsidentschaft konstruktiv auf den Sondergipfel am 1. Februar 2024 hinarbeiten, beharrte aber auf seiner Forderung nach einem jährlichen, einstimmig zu fällenden Beschluss zur Fortführung der finanziellen Unterstützung für die Ukraine.
Die Pressemittleidung zur ECOFIN-Tagung ist hier zu finden. (NP/UV)