Ein gewichtiger Tagesordnungspunkt bildete die Aussprache zur externen Dimension der Asyl- und Migrationspolitik. Dabei waren sich die Fachministerinnen und -minister einig, dass eine Kombination vieler verschiedener Instrumente erfolgen müsse, um der aktuellen Lage Einhalt zu gebieten. Dies umfasst die Entwicklungshilfe, die Bekämpfung von Schleuserkriminalität, den Ausbau legaler Migrationswege sowie eine nachhaltige Rückübernahme- und Rückkehrpolitik. Zu dieser Rückübernahme- und Rückkehrpolitik gehört auch das im Juli 2023 mit Tunesien abgeschlossene Abkommen, das die Unterstützung der Ministerinnen und Minister erfahren hat. Auch sei es wichtig, Partnerschaften mit Drittländern über die bloße Migrationsdimension hinaus zu schließen. Die Europäische Kommission wurde aufgefordert, daran zu arbeiten.
Die Mitgliedstaaten konnten sich ebenfalls zu einer politischen Verständigung über die Krisen-Verordnung durchringen, die u.a. gewisse Ausnahmeregelungen in Fällen der Instrumentalisierung von Migration und höherer Gewalt, wie bspw. der Corona-Pandemie, vorsieht. Die politische Verständigung konnte am 4. Oktober 2023 finalisiert werden. Das Europäische Parlament hatte zuvor deutlich gemacht, dass es die bisherigen interinstitutionellen Verhandlungen (Trilog) zur Eurodac-Verordnung und zur Screening-Verordnung wird aussetzen, solange die Mitgliedstaaten bei der Krisen-Verordnung zu keiner gemeinsamen Position finden würden. So verwundert es auch nicht, dass die Abgeordneten des EP das Ergebnis des Innenministertreffens am 4. Oktober 2023 in ihrer aktuellen Plenumssitzung begrüßten. Schon im September 2022 bekräftigten Vertreter des Parlaments (Ausschuss für bürgerliche Freiheiten) und Vertreter der vormaligen (Frankreich), der aktuellen (Tschechien) und der noch anstehenden Ratspräsidentschaften (Schweden, Spanien, Belgien), das Migrations- und Asylpaket aus September 2020 noch in dieser Legislaturperiode verabschieden zu wollen.
Darüber hinaus verpflichteten sich die europäischen Innenministerinnen und -minister zur Zusammenarbeit mit den Ländern des lateinamerikanischen Ausschusses für innere Sicherheit (CLASI) im Kampf gegen das organisierte Verbrechen. In der gemeinsamen Erklärung ging es insbesondere um die Eindämmung des Drogen- und des Menschenhandels, der Schleuserkriminalität sowie einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen europäischen und lateinamerikanischen Behörden.
Angesichts massiver Fluchtbewegung in angrenzende Staaten, beschlossen die europäischen Innenministerinnen und -minister am 27. Februar 2022 die sog. Massenzustrom-Richtlinie erstmals seit ihrer Geltung im Jahr 2001 zu aktivieren. Ohne diese Aktivierung wäre es den ukrainischen Flüchtlingen nur möglich gewesen, sich für 90 Tage in der EU aufzuhalten. Die Richtlinie regelt den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen und gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Schutz unbürokratisch und schnell zu gewähren. Finanzielle Unterstützung erhalten die Mitgliedstaaten über den Asyl- und Migrationsfonds. Personen mit vorübergehendem Schutz sollen Zugang zum Arbeitsmarkt sowie Bildung bekommen und müssen nicht in Aufnahmeeinrichtungen oder Flüchtlingsunterkünften wohnen. Die Aktivierung im Jahr 2022 galt zunächst für ein Jahr und verlängerte sich sodann automatisch. Bei ihrem Treffen am 28. September 2023 mussten die Ministerinnen und Minister nunmehr eine erneute Verlängerung formell herbeiführen, die laut aktuellem Beschluss nun vom 4. März 2024 bis zum 4. März 2025 gelten wird. Derzeit leben mehr als vier Millionen Vertriebene aus der Ukraine in der EU.
Bei dem Treffen zu Gast war auch der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung, der einen Überblick über den aktuellen Stand des Dialogs mit der Ukraine zur inneren Sicherheit gab. Die EU führt diesen Austausch bereits seit Beginn des Angriffskrieges Russlands, der zum Ziel die Abmilderung potenzieller Risiken des Krieges auf die innere Sicherheit der EU hat.
Die Pressemitteilung des Rates der EU finden Sie hier. (AR)