| Europäischer Rat

Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel

Am 29. und 30. Juni 2023 kamen die europäischen Staats- und Regierungschefs zu einer Tagung des Europäischen Rates (ER) in Brüssel zusammen. Als Gast nahm NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor Ort an den Beratungen teil. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich im Rahmen der Tagung per Videokonferenz an die Führungsspitzen der EU. Die Staats- und Regierungschefs nahmen zudem auf dieser Tagung Schlussfolgerungen zu den Themen Ukraine, Wirtschaft, Sicherheit und Verteidigung sowie zu den Außenbeziehungen der EU, insbesondere zu China, an.

In ihrer Aussprache zur Ukraine verurteilen die Staats- und Regierungschefs erneut entschieden den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Sie wiesen wiederholt auf die offenkundige Verletzung der VN-Charta und eine unverbrüchliche Unterstützung der EU für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen hin. Die EU wird der Ukraine und ihrer Bevölkerung weiterhin finanzielle, wirtschaftliche, humanitäre, diplomatische und insbesondere militärische Hilfe leisten, solange dies nötig ist. Auch zogen sie Bilanz über die Lieferung von einer Million Artilleriegeschossen und Flugkörpern, deren Lieferung bereits in Teilen begonnen hat. Der ER bekräftigt überdies, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten bereit sind, sich an künftigen Sicherheitszusagen für die Ukraine zu beteiligen, um langfristige Stabilität innerhalb der Ukraine zu gewährleisten. Auf das Schärfste verurteilen die Staats- und Regierungschefs außerdem die Zerstörung des Staudamms von Kachowka. Diesbezüglich möchten die EU-Mitgliedstaaten der Ukraine zusätzliche Katastrophensoforthilfe leisten. Der ER betont, dass gemeinsam mit Partnern eine stabile, vorhersehbare und nachhaltige finanzielle Unterstützung für die Ukraine in den kommenden Jahren sichergestellt werden muss. Dabei würdigt der ER das Engagement und die bedeutenden Anstrengungen der Ukraine, um die erforderlichen Voraussetzungen im Rahmen ihres EU-Beitrittsprozess zu erfüllen.

Die EU ist zudem fest entschlossen, die Rechenschaftspflicht Russlands für seinen Angriffskrieg sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund begrüßen die Staats- und Regierungschefs die Tatsache, dass das Internationale Zentrum für die Strafverfolgung des Verbrechens der Aggression gegen die Ukraine von nun an seine unterstützende Tätigkeit aufnehmen kann. Auch die Annahme des Übereinkommens von Ljubljana und Den Haag über internationale Zusammenarbeit bei der Ermittlung und Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und anderen internationalen Verbrechen wird positiv hervorgehoben und alle Länder werden aufgerufen, so rasch wie möglich Vertragspartei des Übereinkommens zu werden. Die Staats- und Regierungschefs der EU erörterten während der Tagung auch die Bemühungen, den Druck auf Russland weiter zu erhöhen, um dessen Fähigkeit zur Führung seines Angriffskrieges zu schwächen. Außerdem verurteilen die Staats- und Regierungschefs die anhaltende militärische Unterstützung Russlands durch Belarus und den Iran.

Daneben tauschte sich der ER auch über die wirtschaftliche Lage in der EU aus. Die Arbeiten an der Netto-Null-Industrie-Verordnung, einer Verordnung zu kritischen Rohstoffen sowie die Arbeiten am KI-Gesetz sollen beschleunigt werden. Die Kommission wird gebeten, Sofortmaßnahmen vorzuschlagen, um eine ausreichende Produktion und Verfügbarkeit von kritischen Arzneimitteln sowie deren Bestandteile in Europa sicherzustellen und deren Lieferketten zu diversifizieren („Critical Medicins Act“). Der Binnenmarkt soll vertieft und seine Integrität gewahrt werden.

Innerhalb der Themen Sicherheit und Verteidigung verdeutlichen die Staats- und Regierungschefs die Notwendigkeit, mehr Verantwortung für die eigene Verteidigungsfähigkeit zu übernehmen. Diesbezüglich verlangt der ER, dass die Arbeit in allen Aktionsbereichen für die Lieferung und gemeinsame Beschaffung von Munition vorangebracht wird, insbesondere mit Blick auf die Verordnung zur Förderung der Munitionsproduktion (ASAP). Bezüglich der fortgesetzten Bereitstellung militärischer Unterstützung für die Ukraine, aber auch zur Verbesserung der eigenen Reaktionsfähigkeiten auf Krisen und Konflikte, wird die Anhebung der finanziellen Obergrenze um 3,5 Mrd. EUR innerhalb der Europäischen Friedensfazilität begrüßt.

Der ER hat in der aktuellen Sitzung ebenfalls seine strategische Aussprache über die Beziehungen der EU zu China fortgesetzt. Betont wird dabei der dreidimensionale Ansatz, bei dem China als Partner, Wettbewerber, aber auch als systemischer Rivale betrachtet wird. Kritische Abhängigkeiten sollen zwar verringert, aber eine Entkoppelung der Beziehungen nicht stattfinden. Insofern nähert sich die EU hier der Wortwahl der G7 an. Auch ruft der ER China weiter dazu auf, Russland zur Beendigung des Angriffskrieges aufzufordern.

Beim Thema Migration zeigten sich Unstimmigkeiten innerhalb des Kreises der Mitgliedstaaten. Der im Rat Inneres und Justiz mit qualifizierter Mehrheit gefasste Beschluss zur Novellierung des Asylrechts wurde von Polen und Ungarn in Frage gestellt. Sie stimmten den diesbezüglich vorbereiteten Schlussfolgerungen nicht zu. Eine Einigung hin zu einer gemeinsamen Position konnte daher nicht erreicht werden. Diese Unstimmigkeiten veranlassten den Präsidenten des Europäischen Rates Charles Michel sodann dazu, eine eigene Schlussfolgerung zur externen Dimension der Migrationspolitik zu verfassen. Er stellt darin fest, dass die Migration eine europäische Herausforderung sei, die eine europäische Antwort erfordere. Rechtliche Auswirkungen auf das weitere Verfahren hat der neuerliche Vorstoß von Polen und Ungarn nicht, da der mit qualifizierter Mehrheit gefasste Beschluss des Rates Inneres und Justiz weiterhin Bestand hat.

Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates finden Sie hier und die Schlussfolgerungen des Präsidenten des Europäischen Rates zur externen Dimension der Migrationspolitik dort. (JK)

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