In der informellen Sitzung der europäischen Innenministerinnen und Innenminister am 11. Juli 2022 wurden die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die innere Sicherheit mit dem ukrainischen Minister Denys Monastyrskyy und der moldauischen Ministerin Ana Revenco, und erörtert. Dabei kamen mögliche Versuche der organisierten Kriminalität zur Sprache, die Situation offener Grenzen mit Blick auf Menschenschleusungen auszunutzen. Insbesondere der Menschenhandel und Waffenschmuggel stellen erhebliche Bedrohungen dar. Der ukrainische Minister bat die Mitgliedstaaten um Hilfe zur Wiederherstellung der inneren Sicherheit. Vor diesem Hintergrund berichtete Denys Monastyrskyy über die Notwendigkeit des Wiederaufbaus der Sicherheits- und Polizeikräfte.
Als weiteres Thema diskutierten die Ministerinnen und Minister über den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch. Die Mitgliedstaaten fordern dabei einstimmig verbindliche Regeln gegen Kinderpornographie im Internet. Aus Sicht der für Inneres zuständigen Kommissarin Ylva Johansson sei die vorgeschlagene Verordnung zum Kampf gegen Kinderpornographie vom Mai 2022 ein wichtiger Schritt.
Ebenfalls auf der Tagesordnung stand ein Austausch zur Interoperabilität der europäischen Informationssysteme, die im Jahr 2023 vollständig hergestellt sein soll.
Zentrale Themen des Justizrates am 12. Juli 2022 waren die aktuellen geopolitischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der russischen Aggression in der Ukraine, d.h. die Untersuchung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Digitalisierung der internationalen justiziellen Zusammenarbeit und der Schutz von gefährdeten Personen und Opfern von Verbrechen.
Intensiv hat der Rat Justiz die Frage der Sicherung von Beweisen zur Verfolgung von Verbrechen im Zusammenhang mit der russischen Aggression in der Ukraine diskutiert. Zu diesem Punkt waren auch der Chefankläger Karim A. A. Khan des Internationalen Strafgerichtshofs und der ukrainische Justizminister Denys Maliuska anwesend. Nach Angaben des tschechischen Justizministers Pavel Blažek war sich der Rat über die Bedeutung der Untersuchung von Kriegsverbrechen in der Ukraine einig. Gemeinsam bewertete der Rat nicht nur die bisher unternommenen Schritte, sondern beriet auch über weitere Möglichkeiten für eine gemeinsame Untersuchung von schweren Verbrechen in der Ukraine.
Der Rat hat zum ersten Mal die elektronische Kommunikation im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit Drittländern erörtert. Dabei wurde deutlich, dass es Schwierigkeiten mit der Interoperabilität gibt, weil Drittstaaten andere als das europäische e-CODEX-System nutzen. Das Problem könnte in Zukunft bei strafrechtlichen Ermittlungen in der Ukraine an Bedeutung gewinnen.
Da wegen des Krieges Russlands gegen die Ukraine eine steigende Anzahl von Flüchtlingen zu verzeichnen ist, ist auch das Thema „Grenzüberschreitender Rechtsschutz für schutzbedürftige Personen“ relevanter geworden und wurde auf der informellen Sitzung beraten. Justizkommissar Didier Reynders und der tschechische Justizminister Pavel Blažek erinnerten in diesem Zusammenhang an das Haager Übereinkommen aus dem Jahr 2000 über den internationalen Schutz von Erwachsenen. Der Text zielt auf den Schutz von Personen mit motorischen oder geistigen Behinderungen ab, indem er ihnen die Möglichkeit gibt, die zuständigen Behörden und das anwendbare Recht zu bestimmen und die Anerkennung und Durchsetzung von Schutzmaßnahmen in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten. Nur zehn EU-Mitgliedstaaten haben die Konvention bisher ratifiziert, darunter Deutschland. Der Kommissar rief die übrigen Mitgliedstaaten dazu auf, das Übereinkommen zu ratifizieren. Außerdem kündigte er auch die Absicht der Kommission an, den grenzüberschreitenden Schutz von schutzbedürftigen Personen durch eine Gesetzesinitiative zu verbessern, die 2023 vorgelegt werden soll. (AR/UV)