| Justiz- und Innenrat

Treffen der Justiz- und Innenminister am 3. und 4. März 2022

Am 3./4. März 2022 trafen sich die Innenministerinnen und -minister sowie Justizministerinnen und -minister zu ihrem regulären Ratstreffen. Die deutschen Delegationen wurden von den jeweiligen Bundesministern Nancy Faeser und Marco Buschmann angeführt.
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Innenrat
In der Sitzung des Innen-Rats am 3. März 2022 haben sich die Mitglieder im Wesentlichen mit der Situation in der Ukraine und der Aktivierung der Massenzustrom-Richtlinie befasst. Ebenfalls fand das erstmalige Treffen des Schengen-Rates statt. Auch nahm der Rat Schlussfolgerungen zum Katastrophenschutz an. Weitergehend beschäftigte sich der Rat mit einem kohärenten Vorgehen bei Interpol-Fahndungsausschreibungen sowie einer Kooperation zur Kriminalitätsbekämpfung zwischen der EU und dem Lateinamerikanischen Ausschusses für innere Sicherheit (CLASI).

Die Innenministerinnen und –minister verständigten sich auf die Aktivierung der Massenzustrom-Richtlinie. Hierzu wurde nach Art. 5 der Massenzustrom-Richtlinie (Richtlinie 2001/55/EG) ein Durchführungsbeschluss erlassen. Nach diesem Beschluss sind nicht nur ukrainische Staatsbürger vom Schutz der Richtlinie umfasst, sondern auch Drittstaatsangehörige (Art. 2 Abs. 1 des Durchführungsbeschlusses). Die Mitgliedstaaten sind darüber hinaus aufgefordert, die Regelungen der genannten Richtlinie oder einen vergleichbaren Schutz nach nationalem Recht den schutzberechtigten Personen zu gewähren (Art. 2 Abs. 2 des Durchführungsbeschlusses). Der Beschluss wurde sodann auf dem Justizrat am nächsten Tag formell verabschiedet.

Der beim letzten Treffen der Ministerinnen und Minister vorgestellte Schengen-Rat traf sich zum ersten Mal. Vorgesehen sind ca. drei Treffen im Jahr treffen, bei denen auf der Grundlage des neuen Schengen-Barometers eine Gesamtanalyse des Schengen-Raums vorgenommen werden soll. Das Schengen-Barometer baut auf Indikatoren wie der inneren Sicherheit und den Migrationsbewegungen inner- und außerhalb des Schengen-Raums auf. Das Schengen-Barometer soll vor allem für eine bessere Darstellung der „Pro Kopf-Verteilung“ innerhalb der EU sorgen und einen Sachstandsbericht über die Gesamtsituation in der EU geben. Eine Evaluierung des Schengen-Raums ist damit nicht verbunden. Ebenfalls soll ein Schengen-Koordinator die Arbeit unterstützen. Weitergehend soll eine Solidaritätsplattform eingerichtet werden, durch die das Bereitstellen von benötigten Materialien und Einsatzkräften effektiv geregelt werden kann. Als weiteren Tagesordnungspunkt konnte sich der Rat auf eine Allgemeine Ausrichtung zur Schengen-Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus-Verordnung einigen.

Ebenfalls angenommen wurde eine Erklärung zur Überprüfung der Interpol-Fahndungsausschreibungen. Die Mitgliedstaaten haben sich darauf verständigt, dass sie sich untereinander abstimmen und kooperativ zusammenarbeiten werden.

Auch erfolgten Anpassungen bei den Ratsschlussfolgerungen zum Katastrophenschutz in Zeiten des Klimawandels sowie eine gemeinsame Erklärung zur Zusammenarbeit der EU mit dem lateinamerikanischen Ausschuss für innere Sicherheit im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, insbesondere dem Drogenhandel.

Der Rat hat zudem einen Beschluss angenommen, mit dem die Aufnahme von Verhandlungen über einen internationalen Pandemievertrag genehmigt wird. Die Kommission wird mit diesem Beschluss dazu ermächtigt, in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der EU fallen, eine internationale Übereinkunft über Pandemieprävention, ‑vorsorge und -reaktion auszuhandeln. Die Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten sich am 1. Dezember 2021 auf den Beginn des Prozesses der Ausarbeitung und Aushandlung eines solchen Übereinkommens geeinigt. Der Vorschlag für einen internationalen Pandemievertrag wurde erstmals vom Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, im November 2020 auf dem Pariser Friedensforum angekündigt. Ziel ist, das Instrument bis 2024 zu verabschieden.

Justizrat
Am 4. März fand zudem das Treffen der Justizministerinnen und –minister statt. Auf der Tagesordnung standen ebenfalls die Situation in der Ukraine, die E-Evidence-Verordnung, die Erweiterung der EU-Straftatenliste um Hasskriminalität und Hetze, Ratsschlussfolgerungen zu Rassismus und Antisemitismus sowie eine Aussprache zur besonderen Stellung von Rechtsanwälten im Rechtsstaat.

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Bereitstellung elektronischer Beweismittel (E-Evidence-Verordnung) verschafften sich die Ministerinnen und Minister einen Überblick über den Verhandlungsstand zwischen dem Europäischen Parlament (EP) und dem Rat. So teilte die französische Ratspräsidentschaft mit, dass die Verhandlungen zwischen EP und Rat am 1. März 2022 wiederaufgenommen wurden.

Als neue Legislativvorschläge wurden die Vorschläge zur Europäischen Lieferkette (in der letzten Woche vorgestellt worden) und zum Data-Act (Nutzbarkeit von Daten und auch für die Justiz relevant) vorgestellt. Eine Aussprache erfolgte allerdings nicht.

Ebenfalls wurde eine Debatte über die Erweiterung der EU-Straftatenliste nach Art. 83 AEUV um Hetze und Hasskriminalität geführt. Die Mitgliedstaaten sprachen sich mit einer großen Mehrheit für die Erweiterung dieser Liste aus. Ein politischer Durchbruch konnte bislang aber nicht erzielt werden. Darüber hinaus nahmen die Justizministerinnen und -minister Ratsschlussfolgerungen zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an.

Auch fand eine Aussprache zur Bedeutung des Zugangs zu einem Rechtsbeistand und dessen Bedeutung wiederum für den Schutz der Rechtsstaatlichkeit statt.Dabei wurde auch die Frage erörtert, ob die Einführung eines europäischen Rechtsanwaltsstatuts, der eine unabhängige Berufsausübung garantiert, dazu beitragen könnte, die Achtung der Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten.

Im Rahmen einer allgemeinen Aussprache zur Situation in der Ukraine wurde auch über die aktuellen Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine gesprochen. Die EU bietet hierzu die Möglichkeit, koordinierend über EuroJust zu agieren und dort die Erkenntnisse der Mitgliedstaaten zusammenzutragen. Die justizielle Zusammenarbeit mit Russland und Belarus soll weitestgehend eingestellt werden. (AR)

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