ImJustizteil wurden sowohl eine allgemeine Ausrichtung (Positionen des Rates zu gewissen Themen) zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung als auch eine allgemeine Ausrichtung zu Kinderrechten verabschiedet. Der Vorschlag zur Stärkung der Umweltkriminalitätsrichtlinie wurde erörtert. Aus aktuellem Anlass berieten die Ministerinnen und Minister außerdem über die Bekämpfung der Straflosigkeit im Zusammenhang mit Russlands Einmarsch in die Ukraine.
Intensiv hat der Justizrat über geeignete justizielle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine diskutiert. Er war sich einig, dass die begonnene Koordinierung zur Unterstützung der Ermittlungen und der Strafverfolgung im Zusammenhang mit internationalen Verbrechen fortgesetzt werden müsse. Dazu müsse auch die Verbrechensliste angesichts der Ausnahmesituation und der Notwendigkeit, die Wirksamkeit der EU-Sanktionen zu gewährleisten, auf Verstöße gegen die restriktiven Maßnahmen der EU ausweitet werden. Der entsprechende Kommissionsvorschlag wurde vom Rat grundsätzlich unterstützt und es wurde beschlossen, die Beratungen auf Fachebene engagiert fortzusetzten, um eine schnelle Einigung zu erzielen.
Zur Stärkung des Schutzes der Kinderrechte in der EU hat der Rat Schlussfolgerungen angenommen. Darin wird die Stärkung des Kinderschutzes in Notsituationen durch verschiedene Maßnahmen gefordert. Dazu gehören zum Beispiel die Gewährleistung von Aufnahmeverfahren für unbegleitete Minderjährige, die Stärkung der Maßnahmen gegen den Kinderhandel oder die Gewährleistung, dass Krisensituationen nicht für Adoptionszwecke genutzt werden.
Zur Richtlinie zur Umweltkriminalität konnte sich der Rat nur auf eine partielle Einigung verständigen. Er einigte sich auf die Definitionen von Umweltstraftaten und will sich während der kommenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft erneut mit der Frage der Mindeststrafen für erfasste Delikte befassen. Während der Diskussion wurden die unterschiedlichen Positionen zu Sanktionen für diese Umweltdelikte ausgetauscht. Der angenommene Text enthält Festlegungen, was von den Mitgliedstaaten als Straftat zu behandeln ist. Dazu gehören etwa die Einleitung und Emission von Stoffen oder Strahlung in Luft, Boden oder Wasser; Verhaltensweisen, die eine Verschlechterung des Lebensraums von Arten verursachen oder auch der illegale Holzhandel. Für den Teil des Textes, der hauptsächlich die Mindeststrafen für diese Straftaten betrifft, muss noch eine qualifizierte Mehrheit gefunden werden. Der Rat ist geteilter Meinung zu Mindeststrafen für natürliche oder juristische Personen, die eine Straftat ohne Vorsatz begangen oder keine schweren Folgen wie den Tod verursacht haben.
Außerdem hat der Rat zwei Standpunkte zu Vorschlägen zur Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit verabschiedet. Der erste Verordnungsvorschlag betrifft den Austausch von digitalen Informationen in Terrorismusfällen, der zweite sieht die Einrichtung einer Kooperationsplattform für gemeinsame Ermittlungsgruppen vor. Die Verordnung sieht eine Stärkung der Rolle der EU-Agentur für strafrechtliche Zusammenarbeit (Eurojust) in grenzüberschreitenden Fällen von Terrorismus vor. Ziel ist es, Eurojust in die Lage zu versetzen, Verbindungen zwischen parallelen grenzüberschreitenden Ermittlungen und Strafverfolgungen bestimmter terroristischer Straftaten zu erkennen und den Mitgliedstaaten entsprechende Rückmeldung zu geben. Mit der Plattform für die Zusammenarbeit gemeinsamer Ermittlungsgruppen wird ein direkter Austausch von Beweismitteln zwischen den Mitgliedern der Gruppe ermöglicht, ohne auf traditionelle Verfahren der justiziellen Zusammenarbeit zurückgreifen zu müssen. Über beide Verordnungen muss noch im Europäischen Parlament abgestimmt werden, bevor die interinstitutionellen Verhandlungen beginnen können.
Die Europäische Kommission hat den Rat über den aktuellen Stand der Gespräche mit den USA über die Maßnahmen informiert, die für die Annahme eines neuen Angemessenheitsbeschlusses für die Übermittlung personenbezogener Daten erforderlich sind. Am 25. März 2022 war mit den Vereinigten Staaten eine grundsätzliche Einigung über einen neuen Rechtsrahmen für den Datenschutz erzielt worden. Diese Verhandlungen waren notwendig geworden, nachdem der EuGH die beiden früheren Vereinbarungen für rechtswidrig erklärt hatte. Die zwischen EU und den USA getroffene Grundsatzentscheidung zur Datenübermittlung muss jetzt noch juristisch ausgearbeitet werden.
Im Innenteil der Ratssitzung wurden die Fortschritte zum Asyl- und Migrationspakt beraten, eine allgemeine Ausrichtung zur Reform des Schengener Grenzkodex angenommen sowie die Verordnung zur Reform des Schengener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus ohne Aussprache verabschiedet. Ferner wurden allgemeine Leitlinien zum Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden sowie Ratsempfehlungen zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit angenommen. Darüber hinaus ließen sich die Fachministerinnen und -minister über die Zusammenarbeit diverser Behörden im Bereich der Terrorismusbekämpfung, über die EU-Drogenstrategie, über die Bekämpfung von Radikalisierung sowie über die anstehende tschechische Ratspräsidentschaft unterrichten.
Der Rat unterstützt den Ansatz der französischen Ratspräsidentschaft schrittweise in den Einzelthemen des im Jahr 2020 vorgeschlagenen Asyl- und Migrationspaktes voranzukommen. So wird die Ratspräsidentschaft in den kommenden Tagen versuchen im Bereich der Solidaritätsplattform weitere Ergebnisse zu erzielen sowie bei der Screening-Verordnung (Rechtsrahmen zur Überprüfung von Schutzsuchenden) und Eurodac-Datenbank (Fingerabdruck-Identifizierungssystem) die Verhandlungsmandate zu finalisieren.
Die Änderungen im Rahmen des Schengener Grenzkodex haben vor allem zum Ziel, den Schengen-Raum widerstandsfähiger zu gestalten, um im Falle von Krisen besser gewappnet zu sein. Dabei spielen die Bekämpfung der Instrumentalisierung von Migrantinnen und Migranten, Maßnahmen im Falle von Gesundheitskrisen sowie die partielle Einführung von Binnengrenzkontrollen eine herausgehobene Rolle. Die allgemeine Ausrichtung des Rates zeigt die politischen Schwerpunkte auf, die es zu verhandeln gilt. Unter anderem sollen Binnengrenzkontrollen unter enge Voraussetzungen gestellt werden. Auch sollen in Gesundheitskrisen strikte Vorgaben zur Sicherung der Außengrenzen gelten. Des Weiteren nahmen die Innenministerinnen und -minister ohne Aussprache eine Verordnung zur Reform des Schengener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus an.
In den Erörterungen zur aktuellen Lage in der Ukraine ließen sich die Ministerinnen und Minister über die Umsetzung des im März 2022 verabschiedeten Zehn-Punkte-Plans unterrichten. Dieser umfasst unter anderem die Einführung einer Registrierungs-Plattform für Kriegsflüchtlinge zur europaweiten Information, die Koordinierung von Logistikmaßnahmen, die Evaluierung des Mittelbedarfs in den Mitgliedstaaten zur Unterbringung und Verpflegung von Kriegsflüchtlingen - besonders Hilfs- und Schutzmaßnahmen für Kinder. Weiterhin sind die Bekämpfung des Menschenhandels (aufbauend auf der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels 2021-2025), eine Bewertung der Auswirkungen des Angriffskrieges auf die innere Sicherheit sowie die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, insbesondere aus bislang ungenutzten EU-Fonds in diesem Plan erfasst.
Im polizeilichen Bereich konnten sich die Ministerinnen und Minister auf eine Empfehlung zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit sowie auf zwei allgemeine Ausrichtungen hinsichtlich der Richtlinie über den Informationsaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden und der Verordnung über den automatisierten Datenaustausch für die polizeiliche Zusammenarbeit (Prüm II-Verordnung) einigen. Die internationalen Aspekte in der Polizeiarbeit werden immer wichtiger und müssen sich insoweit auch in den Rechtsgrundlagen und im gemeinsamen Tätigwerden widerspiegeln. Die Empfehlungen zur operativen polizeilichen Zusammenarbeit sind zwar nicht verbindlich, geben den Mitgliedstaaten dennoch die Möglichkeit, innerhalb eines gemeinsamen Rahmens zu agieren. Unter anderem werden Empfehlungen bei grenzüberschreitendem Tätigwerden von Polizeieinsatzkräften (grenzüberschreitende Nacheile und grenzüberschreitende Observation), bei gemeinsamen Einsatzformen, zur Gewährleistung eines effektiven Zugangs zu gemeinsamen Informationen und sicheren Kommunikationsmöglichkeiten sowie zur Ausgestaltung gemeinsamer Aus-, Fort- und Weiterbildung mit Blick auf eine gemeinsame europäische Polizeikultur gegeben. Die Pressemitteilung des Rates finden Sie hier. (UV/AR)