| Landwirtschaftspolitik

Überarbeitung der EU-Regelungen für Lebensmittel mit geografischen Angaben

Das System geografischer Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Wein und Spirituosen soll überarbeitet werden. Dazu hat die Europäische Kommission am 31. März 2022 den lang erwarteten Verordnungsvorschlag für die Regelung der geografischen Herkunftskennzeichnung vorgelegt. Ziel der Überarbeitung ist die Stärkung der Wirtschaft im ländlichen Raum und die Erhöhung des Schutzniveaus der landwirtschaftlichen Produkte mit geschützten Angaben im Onlinehandel.
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Der Vorschlag zu den geografischen Herkunftsangaben für landwirtschaftliche Produkte sieht auch eine Übertragung der Zuständigkeit für die Aufgaben der Verwaltung zur Kennzeichnung der Qualitätsprodukte von der Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (AGRI) der Kommission auf das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vor. Die Kommission verspricht sich davon eine schnellere Bearbeitung der Anträge für die Herkunftskennzeichnung. Hierzu soll ein verkürztes und vereinfachtes Registrierungsverfahren eingeführt werden. Verschiedene technische und Verfahrensvorschriften für geografische Angaben sollen zusammengeführt werden. Außerdem sollen Registrierungsverfahren für geografische Angaben für Antragsteller aus der EU und aus Drittländern harmonisiert werden. Hierdurch soll auch die Attraktivität der Regelungen für Erzeuger erhöht werden. Bei einem Verkauf über Online-Plattformen soll das Schutzniveau erhöht und die missbräuchliche Verwendung geografischer Herkunftskennzeichnung bekämpft werden.

 

Im Sinne der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ soll es Erzeugern ermöglicht werden, auf freiwilliger Basis ihre Maßnahmen zur sozialen, ökologischen oder wirtschaftlichen Nachhaltigkeit auf den Produkten zu kennzeichnen. Dies soll dazu beitragen, die natürlichen Ressourcen und die ländliche Wirtschaft besser zu schützen und lokale Pflanzensorten sowie Tierrassen zu erhalten. Die Mitgliedstaaten sollen in Zukunft verpflichtet sein, Erzeugergemeinschaften von landwirtschaftlichen Produkten mit geografischen Angaben anzuerkennen. Diese werden ermächtigt, ihre geografischen Angaben zu verwalten, durchzusetzen und weiterzuentwickeln, insbesondere durch den Zugang zu Behörden und Zollbehörden für die Bekämpfung von Fälschungen in allen Mitgliedstaaten.

Die geografischen Angaben gelten in der EU als Erfolgsgeschichte, da sie laut einer aktuellen Studie der Kommission einen Verkaufswert von 74,76 Mrd. Euro und 15,5 Prozent der gesamten EU-Agrar- und Lebensmittelexporte ausmachen.

Am Tag der Annahme des Kommissionsvorschlags debattierte bereits der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments (EP) über den Verordnungsentwurf der Kommission. Der Berichterstatter für dieses Dossier, Paolo De Castro (S&D/Italien), begrüßte den Entwurf und das Ziel, den Schutz dieser Produkte auszuweiten und den Absatz zu fördern. Viele Abgeordnete kritisierten die geplante Übertragung der Verantwortung für die Analyse und Bewertung von Produkteigenschaften an das EUIPO. Anne Sander (EVP/Frankreich) und Martin Häusling (Grüne/EFA/ Deutschland) äußerten ihre Befürchtungen, dass das System zur Anerkennung geografischer Herkunftsangaben durch die Reform zu einer administrativen Herausforderung werden könnte.

Widerstand gegen die geplanten Änderungen der geltenden Regelungen kommt auch von Erzeugerverbänden und Mitgliedstaaten, die der Meinung sind, dass der derzeitige Rahmen in seiner jetzigen Form ausreichend ist. So fordert Spanien, das eine informelle Gruppe von 15 anderen Mitgliedstaaten anführt, die sich als „Freunde der geografischen Angaben“ bezeichnen, den Status quo beizubehalten. Insbesondere die von der Kommission vorgeschlagenen neuen Nachhaltigkeitsanforderungen für geografische Angaben sollten nicht umgesetzt werden. Der europäische Bauernverband COPA-COGECA kritisiert die Übertragung von Zuständigkeiten auf das EUIPO. Diese auf geistige Eigentumsrechte spezialisierte Agentur verfüge nicht über die notwendigen Kenntnisse der Besonderheiten des Agrarsektors. (UV)

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