| Haushaltspolitik

Überprüfung des Stabilitäts- und Wachstumspakt

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Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) ist das wirtschaftspolitische Steuerungsinstrument der Union. Der SWP fordert von den Mitgliedstaaten, die den Euro als offizielle Währung einführen möchten oder eingeführt haben, ihre Haushaltsdefizite und Verschuldungen zu begrenzen. Gemäß der SWP-Regelungen müssen die Mitgliedstaaten die Höhe ihres jährlichen Haushaltsdefizits auf 3% ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) und den Stand ihrer öffentlichen Verschuldung auf 60% ihres BIPs begrenzen. Sanktionsmaßnahmen für Länder, die gegen diese Auflage verstoßen, umfassen insgesamt 17 Verfahrensschritte.

Um das Ziel zu erreichen, die Union bis 2050 klimaneutral zu machen, müssen die Mitgliedstaaten erhebliche Mittel für den umwelt- und klimafreundlichen Umbau der europäischen Wirtschaft und des Verkehrs bereitstellen. Die Kommission hat daher am 5. Februar 2020 einen Bericht zur Überprüfung und Bewertung des SWP vorgelegt. Beleuchtet wurden insbesondere die Effektivität der letzten Reformen von 2011 und 2013 und die Defizite des SWP aus Sicht der Kommission.

Bei der Überprüfung ergab sich, dass das Schuldenniveau gesunken ist, was als Erfolg koordinierter Haushaltspolitik angesehen werden kann. Kein Mitgliedstaat unterliegt momentan der korrektiven Komponente des SWP, dem sogenannten Defizitverfahren, während es 2011 noch 24 Mitgliedstaaten waren. Die Abstimmung und Koordinierung der Haushaltspolitiken habe sich im gesamten Euroraum verbessert und die Übernahme der Kommissionsempfehlungen durch die nationalen Regierungen habe zur Stärkung der europäischen Wirtschaft, zu einem nachhaltigen Wachstum und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beigetragen, so der Bericht. Ferner habe der SWP geholfen, die makroökonomischen Ungleichgewichte in der EU (beispielsweise der Leistungsbilanzüberschuss von Deutschland oder Immobilienblasen) zu begrenzen.

Allerdings hat das Wachstumspotenzial vieler Mitgliedstaaten das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht, und einige Mitgliedstaaten sind nach wie vor hoch verschuldet. Die SWP-Regelungen seien zu komplex geworden, da immer wieder neuen, sich wandelnden Umständen Rechnung getragen wurde. Daraus folgt, dass der SWP weniger transparent geworden ist, was die Übernahme politischer Eigenverantwortung erschwert. Zudem zeigte die Überprüfung, dass der Stabilitätspakt in vielen Fällen prozyklisch wirkt und negative Auswirkungen auf die öffentlichen Investitionen hat, vor allem in den hoch verschuldeten Ländern. Insgesamt sei die Zusammensetzung der öffentlichen Finanzen nicht wachstumsfreundlicher geworden, da die Mitgliedstaaten die laufenden Ausgaben erhöht haben und nicht auf notwendige Investitionen geachtet haben.

Der Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni betonte, dass sich die Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik im vergangenen Jahrzehnt geändert haben und deshalb auch die Haushaltsregel einer Änderung unterzogen werden müsse. Stabilität bleibe ein zentrales Ziel. Genauso dringend notwendig sei es, Wachstum zu unterstützen und vor allem die immensen Investitionen zum Kampf gegen den Klimawandel zu mobilisieren. Weiterhin ging Gentiloni auf die bestehende Komplexität der Regelungen ein und betonte die Schwierigkeit, diese den Bürgern verständlich vermitteln zu können. 

Zur Agenda gehört auch die zentrale Frage der Ausklammerung von Investitionen im Bereich des Klimaschutzes zur Berechnung des Defizits. Die strengen SWP-Regelungen sollen laut Kommissar Gentiloni gelockert werden, damit die Regierungen sich wieder stärker verschulden können. Denn ohne zusätzliche Finanzmittel seien grüne Investitionen nicht möglich. Gegner dieser Maßnahme, unter anderem Exekutiv-Vizepräsident Dombrovskis, bezeichneten dagegen das Herausrechnen von grünen Investitionen als Öffnen der Büchse der Pandora. Zwischen grünen und nicht grünen Staatsausgaben sei nicht klar zu differenzieren. Auch nachhaltige Investitionen seien als Schulden einzustufen.

Die Kommission stößt daher eine öffentliche Debatte zur Verbesserung des SWP an und startet am 17. Februar 2020 eine bis zum 30. Juni 2020 andauernde Konsultation, bei der sich alle Interessenträger äußern sollen. (SM/CM)

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/economy-finance/com_2020_55_en.pdf

https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/economic-and-fiscal-policy-coordination/eu-economic-governance-monitoring-prevention-correction/stability-and-growth-pact/economic-governance-review_en

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_20_171

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