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Urteil des EuGH zur Umsiedlung von Asylbewerbern

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 02. April 2020, dass Polen, Ungarn und die Tschechische Republik während der Flüchtlingskrise 2015/2016 gegen ihre Verpflichtungen zur Umverteilung von Asylbewerbern gemäß Unionsrecht verstoßen haben.

Diese Mitgliedstaaten könnten sich weder auf ihre Zuständigkeiten im Bereich der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit noch auf das angebliche Nichtfunktionieren des Umsiedlungsmechanismus berufen, um sich der Umsetzung dieses Mechanismus zu entziehen, so der EuGH in seinem Urteil. Hintergrund sind zwei Mehrheitsentscheidungen der EU-Mitgliedstaaten von 2015, wonach bis zu 160.000 Asylbewerber innerhalb der EU verteilt werden sollten, um die Erstankunftsländer Griechenland und Italien zu entlasten.

Ungarn, Polen und die Tschechische Republik weigerten sich jedoch, den Beschluss umzusetzen. So teilten die drei Länder beispielsweise nicht – wie in den Ratsbeschlüssen vorgesehen – alle drei Monate mit, wie viele verfügbare Plätze für die Umsiedlung bereitstünden. Die EU-Kommission leitete daraufhin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die drei Länder ein.

Der EuGH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass EU-Mitgliedstaaten gezwungen werden können, Asylbewerber im Rahmen eines Verteilmechanismus aufzunehmen. Es ist damit höchstrichterlich festgestellt worden, dass mangelnde Solidarität EU-Recht brechen kann. Daraus folgt allerdings nicht automatisch, dass den drei EU-Mitgliedstaaten eine Strafzahlung auferlegt wird. Dafür müsste die Kommission eine erneute Klage beim Gerichtshof erheben. Es steht noch nicht fest, ob die Kommission sich für diesen Schritt entscheiden wird. Eine Entscheidung des EuGH über die Verhängung einer Strafzahlung würde jedenfalls nicht in näherer Zukunft getroffen werden.

Durch die Entscheidung des EuGH zur Umsiedlung von Asylbewerbern könnte die Diskussion um Sanktionsmöglichkeiten gegen Mitgliedstaaten, die sich nicht an Unionsrecht halten, neuen Aufwind bekommen. Die Frage der Konditionalität spielt auch bei den Verhandlungen zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), über den der Rat einstimmig entscheiden muss, eine wichtige Rolle. Allerdings wird die Kommission nach Ankündigung von Präsidentin von der Leyen angesichts der Corona-Pandemie ihre Vorschläge für den MFR grundlegend überarbeiten. Die Gewichtung dürfte dabei vor allem auf der Abfederung der wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen liegen. (MF)

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