Ziel des Verordnungsvorschlags über die Übertragung von Strafverfahren ist die Vermeidung paralleler oder mehrfacher Strafverfolgungsverfahren, was ineffizient ist, möglicherweise aber auch die Rechte der betroffenen Personen beeinträchtigen kann, da eine Person wegen derselben Straftat nicht zweimal strafrechtlich verfolgt oder bestraft werden darf. Durch den neuen Rechtsrahmen soll sichergestellt werden, dass ein Strafverfahren in dem Mitgliedstaat verfolgt wird, das am besten dafür geeignet ist. Grund kann beispielsweise sein, dass der Hauptteil der Straftat dort begangen wurde. In den neuen europaweit geltenden Vorschriften werden Kriterien für die Übertragung von Verfahren, aber auch Gründe für die Ablehnung einer Übertragung, festgelegt. Darüber hinaus enthalten die Vorschriften Regelungen zu Fristen, Übersetzungskosten, den Rechten der Verdächtigten sowie der Opfer und zur Harmonisierung grenzüberschreitender digitaler Kommunikationskanäle.
In der Begründung der Initiative führt die KOM aus, dass die Mitgliedstaaten Strafverfahren zurzeit auf der Basis unterschiedlicher Rechtsinstrumente untereinander übertragen. Nur 13 Mitgliedstaaten haben demnach das Europäische Übereinkommen über die Übertragung der Strafverfolgung aus dem Jahr 1972 ratifiziert und wenden es an. Die meisten Mitgliedstaaten berufen sich bei der Übertragung auf Artikel 21 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen aus dem Jahr 1959, wonach sich die Übertragung auf nationales Recht stützt. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der die Art und Weise geändert hat, wie EU-Vorschriften im Bereich des Strafrechts vorgelegt und angenommen werden, wird über eine Maßnahme zur Übertragung von Verfahren beraten. Über den Kommissionsvorschlag müssen jetzt der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament im Mitentscheidungsverfahren beraten. (UV)