Die Mitteilung der Kommission, die am 24. Oktober 2023 veröffentlicht wurde, unterscheidet zwischen kurz- sowie mittel- und langfristigen Maßnahmen.
Um bereits in diesem Winter Engpässen bei Antibiotika vorzubeugen, wird die Kommission insbesondere einen "freiwilligen Solidaritätsmechanismus" einrichten, der im akuten Bedarfsfall den Austausch von Medikamenten zwischen den Mitgliedstaaten erleichtert. Zudem will sie die Mitgliedstaaten bei der gezielten gemeinsamen Beschaffung von Behandlungsmöglichkeiten, bspw. gegen den RS-Virus, unterstützen und damit einen ggf. zusätzlich entstehenden Antibiotikabedarf verringern. Auch sollen Mitgliedstaaten Ausnahmeregelungen in Anspruch nehmen können, damit Arzneimittel rasch zu den Patientinnen und Patienten gelangen; hierzu gehören die Verlängerung der Haltbarkeitsdauer oder die schnelle Zulassung alternativer Behandlungsmöglichkeiten. Bis Ende des Jahres soll weiterhin eine Liste kritischer Arzneimittel veröffentlicht werden. Diese Liste wird auch der Einstieg in die Bewertung der Lieferketten ab 2024 sein; eine solche Liste war bereits im Kommissionvorschlag zur Überarbeitung der EU-Arzneimittelgesetzgebung enthalten, der Ende April dieses Jahres vorgelegt worden war. Der Vorschlag wird derzeit verhandelt.
Zu den längerfristigen Maßnahmen, die die Kommission angekündigt hat, gehört die Schaffung einer "Allianz für kritische Arzneimittel" bis Anfang 2024. Diese soll dann gemeinsame Maßnahmen zur Vermeidung kritischer Engpässe entwickeln und in Angriff nehmen. Im Zusammenhang mit der Allianz erwägt die Kommission den Einsatz von zwei Instrumenten: ein neues „wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse“ (IPCEI) und eine „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ (SEGI). IPCEI stellt eine Möglichkeit der erleichterten Vergabe von Beihilfen dar, SEGI werden bspw. bei ansonsten unrentablen Dienstleitungen wie Postdiensten in entlegenen Gebieten eingesetzt. Die "Allianz für kritische Arzneimittel" könnte auch den Weg für den von der überwiegenden Zahl der Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, unterstützten Vorschlag für einen „Critical Medicines Act“ ebnen. Diesbezüglich kündigte die Kommission an, bis Ende des Jahres eine vorbereitende Studie in Angriff zu nehmen, die die Grundlage für eine Folgenabschätzung bilden soll.
Zu den weiteren von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen gehört auch die Einführung einer digitalen Plattform zur Überwachung von Engpässen in 2025. Weiterhin soll überprüft werden, ob und inwieweit das Mandat von HERA auf Maßnahmen gegen Arzneimittelknappheit erweitert werden könnte.
Die Kommission weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass nach aktuellem Stand Antibiotikaengpässe wie im vergangenen Winter nicht zu erwarten sind und fordert die Mitgliedstaaten auf, von der Bevorratung von Antibiotika abzusehen, um nicht künstlich Knappheit zu erzeugen. (MK)