In einer Videokonferenz berieten sich am 22. April 2020 die EU-Außenministerinnen und -minister mit dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass man der Ukraine und anderen Staaten der Östlichen Partnerschaft uneingeschränkt Unterstützung in der Bewältigung der Corona-Pandemie zusagen werde. In diesem Zusammenhang lobte der Hohe Vertreter auch die anhaltenden Reformprozesse in der Ukraine und erwähnte, dass die Staaten der Östlichen Partnerschaft in der EU einen starken Partner haben, um der Krise zu begegnen.
Nach der Besprechung Corona-relevanter Aspekte kehrten die Ministerinnen und Minister schrittweise wieder zu außenpolitischen Themen zurück. Borrell erklärte in einer anschließenden Pressekonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern der Presse, die per Video zugeschaltet waren, dass die Krisensituationen in Libyen und in Afghanistan den verstärkten Einsatz der EU erforderten, und dass man in diesen Regionen auf einen Waffenstillstand hinwirken müsse, um den Menschen zu ermöglichen, den Herausforderungen der Corona-Pandemie zu begegnen.
Die Situation in Libyen sei weiterhin dramatisch und ein Aussetzen der Kämpfe unwahrscheinlich. Dies erschwere einen gemeinsamen Ansatz der EU zur Bewältigung zu erwartender Flüchtlingsströme, so der Hohe Vertreter. Daher habe man sich über eine sogenannte „humanitäre Luftbrücke“ verständigt, um die Bewältigung der Krise in entlegenen und von Grenzschließungen stark betroffenen Gebieten zu vereinfachen und humanitäre Hilfe zu gewährleisten. Borrell erklärte, dass er hierzu mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen in engem Kontakt stehe.
Im Zusammenhang mit humanitärer Hilfe erhielt Borrell die Nachfrage eines deutschen Pressevertreters, ob auch auf den Vorschlag Maltas für ein humanitäres Hilfspaket in Libyen zur Bewältigung von Menschenhandel eingegangen wurde. Der maltesische Außenminister Evarist Bartolo hatte den Antrag die Woche zuvor gestellt und das Signal bekommen, dass man diesen Antrag im Rahmen des Treffens am 22. April 2020 unterstützen werde. Bartolo hatte auch die Solidarität der EU-Mitgliedstaaten mit Malta eingefordert, um die Folgen der Krise in Libyen nicht allein schultern zu müssen.
Der Hohe Vertreter erklärte nun, dies sei kein wichtiges Thema des Austauschs gewesen (“not an important issue“) und ließ verlauten, dass er von einem Antrag Maltas keine Kenntnis habe. Borrell sagte, dass Malta sich berechtige Sorgen mache, durch die anhaltenden Kämpfe in Libyen das Ziel größerer Migrationsbewegungen zu werden. Eine nachhaltige Lösung in Libyen könne es jedoch nur geben, sobald das Land stabilisiert und ein humanitärer Waffenstillstand erreicht seien. Internationale Appelle und der Ausbruch von Covid-19 hätten den seit Jahren währenden Konflikt eher noch verschärft, so der EU-Außenbeauftragte. Abschließend erwähnte er noch, dass die Visegrád-Staaten insgesamt 35 Mio. Euro an Libyen gegeben haben, um das Land bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund türkischer Gasbohrungen im östlichen Mittelmeer sicherte Borrell den Mitgliedstaaten Zypern und Griechenland volle Solidarität zu. Man werde mit der Türkei weiter in diplomatischen und konstruktiven Gesprächen bleiben. In Afghanistan sei die Situation ebenfalls kritisch, da dort ein militärischer und politischer Patt erreicht sei. Die EU rufe daher unmissverständlich zu einem humanitären Waffenstillstand auf, um die Bevölkerung in der Krise unterstützen zu können.
Weitere Diskussionspunkte waren die fortdauernde Rückholung „gestrandeter“ EU-Bürgerinnen und -Bürger sowie Desinformation in Krisenzeiten. Hier erklärte der EU-Außenbeauftragte, dass sich Desinformation zu einem „Schlachtfeld“ entwickelt habe. In diesem Zusammenhang unterstrich Borrell, dass die EU ihre Kommunikation verbessern könne, und über ihre Ergebnisse und das Erreichte mehr berichten könne. (sch)