| Sondertagung

Einheitliche Bekenntnisse der Staats- und Regierungschefs der Union

Am 1. und 2. Oktober 2020 fand in Brüssel eine Sondertagung des Europäischen Rates statt. Die Führungsspitzen der Union tauschten sich aus und berieten sich auswärtige Angelegenheiten und die gemeinsamen wirtschaftlichen Ziele der EU.

Am ersten Tag ging es um die Außenbeziehungen der EU. Der Europäische Rat forderte erneut, dass es im östlichen Mittelmeerraum keine weiteren Verletzungen der Souveränität und Hoheitsrechte von Griechenland und Zypern geben darf. Die Außenbeziehungen zur Türkei bleiben weiterhin von großer Bedeutung. Dementsprechend ist es sehr begrüßenswert, dass die Sondierungsgespräche zwischen Griechenland und der Türkei erneut aufgenommen werden.

Der Europäische Rat verurteilte einstimmig das gewaltsame und antidemokratische Vorgehen örtlicher Behörden gegen die Bevölkerung in Belarus. Freie und faire Neuwahlen sind als ein unabdingbares demokratisches Recht anerkennen, so die Staats- und Regierungschefs.

Im Nachgang zu den Treffen (per Videokonferenz) mit China vom 22. Juli 2020 und mit Präsident Xi Jinping vom 14. September 2020 wurde bei der Sondertagung das Ziel, ein umfassendes Investitionsabkommen zwischen der EU und China bis Ende 2020 abzuschließen, erneut aufgerufen. Des Weiteren bekräftigte der Europäische Rat seine Auffassung bezüglich der Menschenrechtslage in China sowie der globalen Aufgabe des Klimaschutzes. Die Erklärung des chinesischen Präsidenten, dass China bis 2060 Klimaneutralität erreichen solle, erhielt Zuspruch.

Der Europäische Rat forderte weiterhin die sofortige Einstellung der kriegerischen Handlungen um den Bergkarabach und schlussfolgerte, dass Armenien und Aserbaidschan substanzielle Verhandlungen aufnehmen sollen. Eine solche Verhandlung im Rahmen der Minsk-Gruppe der OSZE wird durch die EU unterstützt.

Der Mordversuch an Alexej Nawalny durch Vergiftung mit einem chemischen Nervenkampfstoff der „Nowitschok“-Gruppe ist auf das Schärfste verurteilt worden. Der Gebrauch chemischer Waffen sei mit dem allgemeinen Völkerrecht und den Menschenrechten nicht zu vereinbaren. Russland müsse eine unter Kooperation mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) stattfindende transparente Investigation durchzuführen. Der Europäische Rat wird bei der nächsten ordentlichen Tagung am 15./16. Oktober 20202 auf dieses Thema zurückkommen.

Am zweiten Tag standen Erörterungen zur wirtschaftlichen Basis der EU auf der Tagesordnung. Der Europäische Rat führte eingehende Beratungen über den Umgang mit der COVID-19-Pandemie. Die Arbeit an einem Impfstoff und dessen Verteilung, aber auch eine verbesserte Koordinierung auf EU-Ebene beruhten auf durchgehendem allgemeinem Interesse.

In Sachen Binnenmarkt, Industriepolitik und digitaler Wandel legt der Europäische Rat Schwerpunkte auf eine erhöhte Resilienz und gesteigerte Kapazitäten. Der Binnenmarkt soll durch bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen wettbewerbsfähiger, nachhaltiger und dynamischer werden. Die europäische Industriepolitik soll durch die Ermittlung strategischer Abhängigkeiten der EU langfristig zu mehr Autonomie verhelfen. Das Ziel der Klimaneutralität bleibt zentral und soll die europäische Industrie dabei unterstützen, weltweit eine Führungsposition einzunehmen. Dies wird nicht nur zu mehr Autonomie führen, sondern auch zu einer zugleich gestärkten Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft.

Resilienz, Nachhaltigkeit, Innovation und Wachstum sind vom digitalen Wandel nicht zu trennen. Dies hat die COVID-19-Pandemie nochmals verdeutlicht. Daher erwartet der Europäische Rat von der Kommission, dass sie bis Ende 2020 einen Vorschlag für ein Gesetz über digitale Dienste vorlegt und bis März 2021 einen digitalen Kompass ausgearbeitet hat, der die digitalen Ziele der EU bis 2030 benennt.

Der digitale Fortschritt im Einklang mit europäischen Wertevorstellungen und Datenschutz soll mit 20 Prozent der Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität unterstützt werden. Dadurch sollen die für den digitalen Wandel notwendigen Projekte, wie die Förderung digitaler Technologien, dem Ausbau der Infrastruktur von Glasfaser und 5G und den gemeinsamen europäischen Datenräumen beschleunigt werden. Die Sicherheit von europäischen Daten soll ein besonderes Augenmerk geschenkt werden. Die Errichtung des Raums für Gesundheitsdaten soll bis Ende 2021 vollendet sein und deshalb vorerst Priorität genießen. Gesicherte europäische Cloud-Dienste sowie das im Januar 2020 angenommene Instrumentarium für die 5G-Cybersicherheit zu mehr Sicherheit führen. Die Kommission soll mit einem Vorschlag für das Projekt um einen EU-weiten Rahmen für sichere öffentliche elektronische Identifizierung (eID) den Schutz der Onlinesicherheit erweitern.

Zum Abschluss der Tagung wurden die EU-Führungsspitzen über die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über den MFR, die Eigenmittel der EU und den Aufbaufonds sowie den aktuellen Stand der Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich unterrichtet. (TSe)

https://europa.rlp.de/de/aktuelles/detail/news/News/detail/einigung-der-staats-und-regierungschefs-zu-eu-finanzen/

https://www.consilium.europa.eu/media/45919/021020-euco-final-conclusions-de.pdf

 

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