Am 25. und 26. Februar 2021 tauschten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten erneut in Form einer Videokonferenz zur aktuellen Corona-Situation und zum Thema Gesundheit aus.
Es bestand Einvernehmen, dass nicht unbedingt notwendige Reisen auch weiterhin beschränkt werden müssen. Zugleich begrüßten die Gipfelteilnehmer die Empfehlungen des Rates zu Reisen innerhalb der EU und in die EU. Demzufolge müssen Beschränkungen im Einklang mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung stehen und die spezifischen Situationen von Grenzgemeinschaften berücksichtigen. Das Funktionieren des Binnenmarkts muss durch einen ungehinderten Waren- und Dienstleistungsverkehr sichergestellt werden, auch durch die Nutzung von Green Lanes. Unter anderem Deutschland und Belgien waren am 15. Februar 2021 von der Kommission wegen Verschärfungen des Grenzregimes bzw. Einreiseverboten kritisiert worden.
Auch waren sich die Teilnehmer laut Erklärung darüber einig, dass die Zulassung, Herstellung und Verteilung der Impfstoffe sowie der Impfprozess dringend beschleunigt werden müssen. Mit der Impfstrategie habe man dafür gesorgt, dass alle Mitgliedstaaten Zugang haben. Nun müsse man die „Überwachungs- und Erkennungskapazitäten ausbauen, um Varianten so früh wie möglich zu entdecken,“ wie es in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „HERA-Inkubator: unsere gemeinsame proaktive Antwort auf die Bedrohung durch Covid-19.Varianten“ heißt. Der Europäische Rat unterstützt die Bemühungen der Kommission, mit der Industrie zusammenzuarbeiten, um die Impfstoffproduktionskapazitäten zu steigern und ggf. an neue Varianten anzupassen sowie die Forschungs- und Entwicklungsarbeit voranzutreiben. Grundsätzlich sollte eine Transparenz in allen Prozessen gewährleistet sein.
Der Europäische Rat forderte außerdem die Bemühungen um ein gemeinsames Konzept für Impfbescheinigungen fortzusetzen. Dies wird insbesondere von den südlichen und vom Tourismus geprägten Mitgliedstaaten gefordert. Bundeskanzlerin Merkel hat sich bei diesem Treffen dem Thema gegenüber offener gezeigt als in der Vergangenheit. Allerdings ist nach Angaben von Kommissionspräsidentin von der Leyen davon auszugehen, dass noch etliche technische, wissenschaftliche und auch politische Hürden zu überwinden sind, bis dieser digitale Impfpass vorliegen könnte. Mit einer Umsetzung ist daher frühestens in drei Monaten zu rechnen.
Weiterhin bekräftigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Solidarität mit Drittländern und begrüßten in diesem Zusammenhang die ersten Pläne der COVAX-Fazilität, Impfstoffe an 92 Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verteilen. Man sichere zu, dass die EU „ihren fairen Anteil zur Finanzierung des ACT-A (Access to COVID 19 Tools Accelerator)“ beiträgt.
Die Resilienz der Gesundheitssysteme war ein weiteres wichtiges Anliegen der Gipfelteilnehmer. Auch wenn die Krise noch nicht überwunden sei, müsse jetzt damit begonnen werden, die Systeme für die Zukunft zu stärken. Man werde darauf hinarbeiten, die Koordinierung auf EU-Ebene im Einklang mit den in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten weiter zu intensivieren, um die Gesundheitssysteme für zukünftige Krisen besser zu wappnen. Es müsse sichergestellt werden, dass alle Mitgliedstaaten genügend Impfstoffe und kritische Versorgungsgüter hätten und dass darüber hinaus durch Investitionen in Produktionskapazitäten, Big Data und Technologien die medizinische Forschung und die Gesundheitsversorgung bestmöglich unterstützt werden kann. Hierfür müsse die Arbeit an der Gesundheitsunion und der Arzneimittelstrategie weiter vorangebracht werden.
Die Teilnehmer ersuchen die Kommission, bis Juni 2021 einen Bericht über die bisherigen Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie vorzulegen. Darin sollen unter anderem Fragen zum Informationsaustausch, zur Koordinierung, Kommunikation und öffentlichen Auftragsvergabe beantwortet werden, wie Produktionskapazitäten innerhalb der EU sichergestellt und Reserven aufgebaut werden können sowie die Frage, wie die Diversifizierung der globalen medizinischen Versorgungsketten unterstützt und gleichzeitig deren Resilienz gestärkt werden kann. Eine globale Zusammenarbeit ist für die Bewältigung künftiger „Gesundheitsgefahren“ von entscheidender Bedeutung, so die Gipfelteilnehmer. Man sei entschlossen, die globale Gesundheitssicherheit zu fördern, unter anderem auch durch die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Voranbringen eines internationalen Pandemievertrags. Die Teilnehmer sehen dem Gesundheitsgipfel der G20 im Mai 2021 in Rom erwartungsvoll entgegen.
Abschließend verurteilten die Gipfelteilnehmer den bewaffneten Überfall auf einen Konvoi des Welternährungsprogramms im Osten der Demokratischen Republik Kongo, bei dem drei Menschen ums Leben kamen, darunter der italienische Botschafter. Die Teilnehmer sprachen Italien und den Angehörigen der Opfer ihr tief empfundenes Mitgefühl aus. (sch)